Hintergrundwissen

Online-Begleitung für Freiwillige an Europas (Außen-)Grenzen

 

4. Glossar

 

Welche Sprache und Begriffe verwendet werden, beeinflusst, wie wir über das Gesagte denken. Daher ist es wichtig, sich damit auseinanderzusetzen, welche Begrifflichkeiten verwendet werden. Wir haben hier ein kleines Glossar erstellt, in dem wir darstellen, was wir unter den von uns verwendeten Begriffen verstehen.
 

Dieses Glossar beinhaltet nur eine kleine Auswahl von Begriffen, die im Kontext der Freiwilligenarbeit mit Geflüchteten wichtig sind. Die Erklärungen spiegeln unser jeweiliges Verständnis des Begriffs dar. Da wir manche Begriffe in anderen Einheiten erklären, findest du hier auch Verweise auf eine andere Einheit.

Asylsuchende

Rechtlich gesehen bezeichnet der Begriff “Asylsuchende” Menschen, die Asyl, also Schutz, beantragt haben oder die Absicht haben, dies zu tun, denen aber noch kein offizieller Schutzstatus zuerkannt wurde. Die Bezeichnung wird jedoch auch synonym zu “Geflüchtete” verwendet.
Eurozentrismus

siehe Einheit 2 zu Eurozentrismus
Flüchtling

Der Begriff “Flüchtling” ist ein rechtlicher Begriff für Menschen, die einen Schutzstatus vom Staat oder dem UNHCR (dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen) zugewiesen bekommen haben. In der Alltagssprache wird der Begriff häufig unabhängig vom Rechtsstatus verwendet. Aufgrund der verniedlichenden und negativen Konnotation der Endung “-ling” ist der Begriff jedoch umstritten und auch wir versuchen, ihn zu vermeiden.
Geflüchtete

Die Bezeichnungen “Geflüchtete” oder “geflüchtete Menschen” werden als Alternativbegriffe für “Flüchtlinge” verwendet, weil damit die als kleinmachend und teils abwertend empfundene Endung »-ling« umgangen wird. Da es sich um keinen juristischen Begriff handelt, ist er bei der Berichterstattung in vielen Fällen einsetzbar: “geflüchtete Menschen” können auch jene sein, die keinen offiziellen Flüchtlingsstatus haben.
Globaler Norden & Globaler Süden

Die politische Einteilung in Globaler Norden und Globaler Süden verweist auf die unterschiedliche Erfahrung mit Kolonialismus und Ausbeutung - einmal als Profitierende und einmal als vornehmlich Ausgebeutete. Mit dem Begriff Globaler Süden wird eine heute im globalen System benachteiligte gesellschaftliche, politische und ökonomische Position beschrieben, die eine Konsequenz von Imperialismus darstellt. Der Globaler Norden hingegen bestimmt eine mit Vorteilen bedachte und ökonomisch mächtige Position. Während durch Begriffe wie „Entwicklungsländer“ eine bestimmte Illusion von Entwicklungsstadien zum Ausdruck kommt, die manche Länder bereits durchschritten hätten und andere noch müssten, wird mit dem Begriffspaar Globaler Süden bzw. Norden versucht, grundsätzlich unterschiedliche politische, ökonomische und kulturelle Positionen zu benennen. Die Einteilung in Süd und Nord ist dabei nur bedingt geographisch gedacht. Australien gehört beispielsweise genau wie Deutschland mehrheitlich dem Globalen Norden an, weil der Großteil der Bevölkerung eine privilegierte ökonomische Position genießt. Es gibt aber in beiden Ländern auch Menschen, die Teil des Globalen Südens sind, zum Beispiel Aboriginal Australians oder illegalisierte Personen in Deutschland. Andersherum gibt es auch in Ländern, die mehrheitlich dem Globalen Süden angehören, Menschen, die die bevorteilte Position des Globalen Nordens genießen - sei es, weil sie >i>weiß sind oder weil sie aufgrund ökonomischer Ressourcen zur global privilegierten Klasse gehören.
Lager

Wir verwenden bewusst den Begriff “Lager” statt “Camps” für die Unterbringung von Geflüchteten in großen Zentren, da unserer Ansicht nach der Begriff “Camp” euphemistisch ist für die dort herrschenden unmenschlichen Bedingungen. Der Begriff “Lager” soll genau darauf aufmerksam machen.
People/Person of Colour (PoC)

Die Bezeichnung “Person oder People of Colour” (PoC) bezieht sich auf alle rassifizierten Menschen, die in unterschiedlichen Anteilen über afrikanische, asiatische, lateinamerikanische, arabische, jüdische, indigene oder pazifische Herkünfte oder Hintergründe verfügen. Es handelt sich hier ebenfalls um eine Selbstbezeichnung von Menschen, die von Rassismus betroffen sind und wurde als politischer Begriff in den 1960ern entwickelt. Die Bezeichnung verbindet diejenigen, die durch eine weiße Dominanz abgewertet werden und handelt somit entgegen der kolonialen Strategie der Vereinzelung („Teile und herrsche“). Die ebenfalls häufig verwendete Bezeichnung BIPoC stammt aus dem US-amerikanischen Kontext und steht für "Black, Indigenious and People of Color".
People on the Move

Der Begriff beschreibt Menschen, die sich in Bewegung befinden. Er wird verwendet, um Menschen unabhängig von ihren Bewegungsgründen zu beschreiben. Je nach Kontext kann er sehr passend sein - oder auch nicht, wenn Menschen beispielsweise durch die EU von weiterer Bewegung abgehalten werden.
Push-Back

“Push-Backs” bezeichnen die rechtswidrige und häufig gewaltvolle Zurückdrängung von schutzsuchenden Menschen an Grenzen - ausgeübt von dem Land, in das die Menschen einreisen möchten, zurück in das Land, aus dem die Menschen ausreisen möchten. Siehe auch dieses Video.
Pull-Back

“Pull-Backs” bezeichnen das rechtswidrige und häufig gewaltvolle Zurückholen von schutzsuchenden Menschen an Grenzen - ausgeübt von dem Land, aus dem die Menschen ausreisen möchten. Häufig können “Pull-” und “Push-Backs” nicht klar voneinander getrennt werden, weil die Länder auf beiden Seiten der Grenze involviert sind.
Rassismus

siehe Einheit 2 zu Rassismus
Schutzsuchende

siehe “Asylsuchende”
Schwarz & weiß

Wir benutzen hier die Bezeichnungen Schwarz und weiß als Begriffe, die politische und soziale Konstruktionen darstellen: Sie beschreiben nicht die Hautfarben von Menschen, sondern ihre Position in einer Gesellschaft. Dabei geht es um eine ungleiche Machtverteilung, in dem weiß Interessen gegenüber Schwarz strukturell durchsetzen kann. Schwarz ist eine Selbstbezeichnung von Rassismus betroffener Menschen, die als Gegenentwurf zu rassistisch geprägten Begriffen dient (die hier nicht extra genannt werden). Als politischer Begriff schreiben wir Schwarz deshalb groß. Weiß schreiben wir kursiv, um die dominante Machtposition zu kennzeichnen, die sonst meist unsichtbar bleibt, denn wenn nur ein Teil der Menschen „explizit“ beschrieben wird und eine zusätzliche Kategorie bekommt, wie es leider häufig der Fall ist, dann gilt der andere Teil implizit als „normal“.
"Sichere Drittstaaten"

Sogenannte “sichere Drittstaaten” sind von Mitgliedstaaten der EU bestimmte Staaten, die als vermeintlich sicher gelten. Menschen, die über einen “sicheren Drittstaat” in die EU einreisen, wird das Grundrecht auf Asyl verwehrt, da sie in dem Drittstaat vermeintlich sicher sind. Allerdings zählen viele Länder zu der Liste der “sicheren Drittstaaten”, wie beispielsweise die Türkei, obwohl Menschenrechtsverletzungen dort dokumentiert sind.
Voluntourismus

siehe Einheit 2 zu Voluntourismus
Weiß

Siehe “Schwarz und weiß
White Saviourism

siehe Einheit 2 zu White Saviourism

Quelle:

Neue deutsche Medienmacher: Glossar

 
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